Mit K.I.Z wurde ich noch nie richtig warm. Seit 20 Jahren sind die Berliner Jungs Maxim, Nico und Tarek von K.I.Z bereits im Rap-Game. Meine erste Begegnung mit den Jungs hatte ich vergleichsweise spät, sehr spät sogar. Im Jahr 2015 kam der Song «Hurra die Welt geht unter» auf meinen Radar. Ein sozialkritischer Song mit markanter Hook von Henning May, welcher sich positiv in mein Ohr gebrandmarkt hat.
Im selben Jahr habe ich die drei Jungs auch zum ersten Mal live gesehen. Als Ersatz für den kranken Casper spielten sie am Gurtenfestival. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen, vor allem wegen der fehlenden Kenntnis über die gewollt provokative Inszenierung der Gruppe.
K.I.Z. sind ja mal gar nicht mein Ding. #Gurtenfestival
— Patrick Liechti (@_patrick_l) July 18, 2015
«Boom, Boom, Boom, Boom, ich bring’ euch alle um» — Werden wir jetzt evakuiert? #Gurtenfestival
— Patrick Liechti (@_patrick_l) July 18, 2015
Mein Interesse an den Jungs schwand im Anschluss an diesem Auftritt. Fünf Jahre später tauchte einer der drei wieder in meinem musikalischen Umfeld auf. Sein Name: Tarek K.I.Z.
Melancholie ist Trumpf
Die Vorabsingle «Kaputt wie ich» begeisterte mich Anfang Oktober schon beim ersten Hören. Ein melancholischer, dunkler Song mit einem noch dunkleren Musikvideo. In dem Song öffnet Tarek seine Seele und teilt Trennungsschmerz und Einsamkeit mit dem Hörer. Im eindrücklichen One-Take-Video dazu ist eine Massenkarambolage auf einer Autobahn Hauptschauplatz.
«Ich bin in schlechter Gesellschaft, wenn ich alleine bin»
Aus «Kaputt wie ich» von Tarek K.I.Z
Musikalisch erinnert mich der Song an Tua. Ein Künstler, der mich im vergangenen Jahr vor allem mit seinen melancholischen Deutschrap-Songs begeisterte.
Wo bleibt die Provokation?
Nachdem er einige Wochen später mit «Ticket hier raus» nachdoppelte, fragte ich mich: Kommt mit «Golem» nun wirklich ein vergleichsweise zahmes Album eines K.I.Z-Mitglieds? Weit gefehlt!
Mit dem Ende November veröffentlichten Musikvideo zu «Nach wie vor» war die K.I.Z’sche Provokation perfekt. Es zeigt seine Entführung von Rechtsradikalen und Vorführung vor Schauspielern, welche die AfD-Spitzenpolitiker Alice Weidel, Alexander Gauland und Björn Höcke darstellen sollen. Er befreit sich und begeht blutige Rache. Diese Inszenierung kam bei Anhängern der rechtsradikalen Partei gar nicht gut an, was zu einem regelrechten Shitstorm und Diskussionen führte. Diese wurden natürlich medienwirksam ausgetragen.
Bereits jetzt unter den Besten
«Golem» ist kein zahmes Album. Es wäre gewissermassen auch eine Enttäuschung für eingefleischte K.I.Z-Fans, würden Tracks wie «Bang Bang» fehlen. Doch trotzdem zeigt sich Tarek auf seinem ersten eigenen Album in einem neuen Licht. Nebst den bereits erwähnten Songs «Kaputt wie ich» und «Ticket hier raus» gehört «Frühlingstag», einem Song geschrieben für seinen verstorbenen Vater, zu meinen Favoriten.
Das Album ist bereits Ende Januar unter meinen Lieblings-Deutschrap-Alben des neuen Jahres.
«Wir beide sassen hier auf dieser Bank
Aus «Frühlingstag» von Tarek K.I.Z
Vor einem Jahr in einem Frühlingstag»